Wie beginne ich mit der Freiarbeit?

Oft werde ich gefragt, wie ich beginne ganz frei mit einem Pferd zu arbeiten. Mit meiner Antwort gebe ich dem Leser dann meist nicht wie erhofft eine Art “Betriebsanleitung” an die Hand, sondern erkläre: “Das kommt auf das Pferd und auf die Situation an!”

Zugegeben, das ist meist nicht die erhoffte Antwort und damit startet niemand sofort durch. Aber für mich ist es mittlerweile ganz wichtig, dass ich anderen Pferdemenschen genau DAS mit auf den Weg gebe. Es gibt kein Patentrezept für die Freiarbeit. Für mich ist Freiarbeit auch Freiwilligkeit. Bauchgefühl, Intuition, Kreativität, Geduld, Offenheit. Ich versuche mich in der Freiarbeit wie ein weißes Blatt Papier zu verhalten: Das Pferd und ich sind dann die bunten Farben, die die Begegnung zu einem kleinen einzigartigen Werk zusammenfließen lassen.

Um euch einen Eindruck zu vermitteln, wie ein solches “erstes Treffen” aussehen könnte, habe ich euch meine Begegnung mit Pocket Filler in einem Video zusammengeschnitten. 🙂


 

Eine kleine Erklärung:

Den hübschen Wallach Pocket Filler habe ich in Südafrika kennengelernt. Das war kurz nachdem seine Karriere als Rennpferd beendet worden war. Unsere erste Begegnung in der Freiarbeit habe ich für euch auf Video festgehalten. Es ist wenig “Action” zu sehen, und doch passierte zwischen uns während der kleinen Einheit unglaublich viel.

Aufgrund seiner extremen Vorsicht entschied ich mich zu einer Begegnung, die rein auf das “Spiegeln” und die Arbeit mit dem Clicker basierte. Ich lockte ihn ein bisschen aus der Reserve und war erfreut darüber, dass er sich auch zu einem höheren Energielevel ermuntern ließ.

Am meisten überrascht hat sich Pocket selbst. Es fühlte sich an, als hätte er sich nicht zugetraut frei auch mal aus der Reihe zu tanzen und aus eigenem Antrieb die Energie hochzufahren. Zu gerne wüsste ich, wie unsere Zusammenarbeit nach weiteren Wochen ausgesehen hätte!

Vielleicht ermuntert euch das Video dazu eure Pferde im Umgang wegen ihrer individuellen Persönlichkeiten auch tatsächlich individuell zu behandeln. Pocket lieferte mir die Inspiration zu dem Artikel “Mein Körper gehört mir?” und war das mit Abstand höflichste Pferd, das mir bisher begegnet ist.

Weil der Wallach extrem vorsichtig und schüchtern war, entschied ich mich dazu ihn nicht zu drängen, und für unsere erste Einheit hochfrequentiert zu belohnen. In dem Video arbeite ich mit dem Clicker und verstärke zunächst “nur” meine Nähe. Anschließend erkläre ich Pocket Filler das Handtarget (Belohnung bei Berührung meiner Handfläche) und belohne das Spiegeln meiner Bewegung. Als ich Energie hinzufüge, entschuldigt er sich regelrecht für sein “Ausbrechen”, und es ist wirklich berührend, ihm dabei zuzusehen, wie er langsam auftaut und das Spiel versteht. Am Ende der Einheit hat er mit meiner Nähe ein besseres Gefühl und duldet auch die Berührungen deutlich gelassener als zu Beginn.

Viel Spaß beim Anschauen (HD klicken!).

3 Antworten zu “Wie beginne ich mit der Freiarbeit?

  • Katrin Hertzberg
    8 Jahrenvon

    Aller Anfang ist schön ! Ich finde sehr gut, dass Du dich nicht dazu hinreissen lässt eine “Betriebsanleitung” zur Freiarbeit abzugeben. Es gibt ohne hin schon so viele die sich um die Ausbildung des Pferdes bemühen und sie werden leider oft falsch verstanden und richten mehr Schaden an als sie helfen.
    Ich habe viel über Freiarbeit gelesen, mich intensiev mit Barbette Teschen’s Longenkurs auseinandergesetzt und Babette arbeiete ja auch frei wenn Ihre Fellnasen die Basics kennen. Auch das Dualtraining vom Geitner kann ein Weg zur Freiarbeit sein. Wichtig finde ich, dass die Verbindung zu Pferd und Reiter ehrlich und vertraut ist und nicht das Ziel im Vordergrund seht sondern wirklich ehrlich nur der Weg. Wenn ich so an die Sachen ran gehe, dann ist mein Gegenüber in dem Fall Pferd gerne bereit diesen mit mir gemeinsam und vorallem “FREIwillig” zu gehen.

  • Hallo 🙂 Ich habe deine Seite erst heute entdeckt und fing an etwas zu Stöbern und was sich hier so entdecken lässt finde ich wirklich schön! Mir gefällt deine dem Pferd zugewandte und respektvolle Art sehr! Ich finde deine Erklärungen zum Thema Freiarbeit genau richtig, es gibt kein Patentrezept und das beschreibst du hier sehr schön 🙂 Ich freue mich, mich weiter durch deine Artikel zu wühlen!

    • Liebe Jule,

      vielen Dank für deine Rückmeldung. Für mich ist der gegenseitige Respekt auch eine der wichtigsten Säulen der Freiarbeit. Viel Spaß beim Wühlen, ich freue mich, dass du hier bist und dich wohl fühlst. 🙂

Schreibe einen Kommentar zu Miri Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert