Pferdeyoga mit den Balance Pads.

Seit knapp zwei Jahren nutze ich Balance Pads, um meine Stute Faible vor allem physisch in Balance zu bringen, ihren Körper zu stärken und das Gleichgewicht zu schulen. Nach den kurzen Videoeindrücken, die ich von den Pads mit Faible gezeigt habe, haben mich so viele Fragen erreicht. Deshalb habe ich in diesem Beitrag in Zusammenarbeit mit Tierphysiotherapeutin Katharina Putty zusammengetragen, was uns als besonders wichtig erscheint.

Faible hat vom Training mit den Pads längst nicht nur körperlich, sondern auch mental sehr profitiert. Für uns sind die Balance Pads zum “Pferde-Yoga” geworden, welches Körper, Geist und Seele, aber auch unser Vertrauen zueinander stärkt.

Ich möchte euch in diesem Beitrag von meinen Erfahrungen mit den Balance Pads erzählen. Katharina hat mir geholfen zusammenzutragen, was auch aus physiotherapeutischer Sicht unbedingt zu beherzigen ist, wenn ihr mit den Pads arbeiten möchtet und das propriozeptive Training in euren Alltag mit Pferden einbringen möchtet.


PHYSISCHE ASPEKTE

Für das Pferd ist es natürlich nicht schön, wenn es mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen auf den Pads stehen soll. Deshalb ist es sehr sinnvoll, das Pferd vorab von einem Profi durchchecken zu lassen. Pferde, die sich mit den Pads sehr unwohl fühlen, haben wahrscheinlich auch körperlich ein Problem die Balance zu finden. Vielleicht wurden sie aber auch nicht behutsam genug an das Training mit den Pads herangeführt, sind also womöglich geistig und körperlich überfordert.

Deshalb sollten wir als Pferdemenschen im Hinterkopf behalten, dass jedes unserer Pferde in einem anderen Tempo lernt und ein eigenes Körpergefühl hat, eigene Voraussetzungen mitbringt und natürlich eine eigene Selbstwahrnehmung hat.

Ein Vergleich mit anderen Pferde-Menschen-Paaren ist hier – mal wieder – gar nicht möglich und bringt unnötigen Stress in die gemeinsame Zeit. Das durften Faible und ich auch direkt zu Beginn der Arbeit mit den Pads lernen, als wir uns die wunderbaren Trainingshelfer als Stallgemeinschaft gemeinsam gekauft haben und somit auch gemeinsam gestartet sind.

Wir haben in unseren “Wackeltreffs” unter Anleitung von Katharina gestaunt, wie unterschiedlich unsere Pferde auf die Pads reagieren und wie schnell man sich durch den Blick nach links und rechts tatsächlich verunsichern lassen kann. Rückblickend bin ich wirklich dankbar, dass wir mit Katharina eine Therapeutin an unserer Seite hatten, die uns einzeln und auch in der Gruppe in den ersten Wochen ermutigt, beraten und begleitet hat.

Es passiert sehr schnell, dass man die Pferde überfordert und damit den positiven Effekt des Trainings zunichte macht, in dem man zu viel verlangt. In unserer Gruppe gab es verschiedene Ansätze und Fortschritte, einfach weil jedes Team nach seinem eigenen Gefühl gearbeitet hat.

Die Freude an der Bewegung und der Zusammenarbeit steht im Vordergrund.
Dann machen die Pads Pferd und Mensch gemeinsam Spaß und bereichern Körper und Geist.

Foto: Privat

Aus physiotherapeutischer Sicht bringt das Training mit den Pads vor allem eine Optimierung des Bewegungsablaufes durch Selbstwahrnehmung mit sich. Außerdem kann sich das Körpergefühl des Tieres verbessern, die Körperhaltung und damit auch die Körperstruktur verändern und erlernte Schonhaltungen im gesamten Körper, sowie die Hufbelastung wieder ins physiologische Gleichgewicht überschreiben werden, natürlich über einen längeren Zeitraum hinweg. All diese Aspekte können wir bei unseren Pferden auf unterschiedlichste Art und Weise beobachten.

Auch als Rekonvaleszenz (Heilung) nach Krankheiten in Absprache mit dem behandelnden Therapeuten können die Pads eingesetzt werden. Durch die Stärkung der Tiefenmuskulatur wird der gesamte Bewegungsapparat stabilisiert, wodurch die Anfälligkeit für Blockaden bzw. Probleme mit dem Bewegungsapparat wie z. B.  ISG / Wirbelblockaden verringert werden kann. Gerade in akuten Krankheitsphasen / bei Verletzungen sollten die Pads aber nicht unbedacht genutzt werden.

Ihr merkt schon, ich bin ziemlich begeistert von den Balance Pads. Man kann sie aber noch vielseitiger nutzen, zum Beispiel als Teil des Warm-Ups, weil sich die Pferde danach lockerer bewegen. Es gibt Pferde, die dabei so sehr abschalten, dass es für sie eher als Cool Down geeignet ist. Meine Stute Faible gehört auf jeden Fall zur letzterer Sorte, weil sie mit ihrer Energie auf den Pads in eine Art Yoga Flow, eine Entspannungsphase hineingleitet. Deshalb nutzen wir beide die Pads am liebsten am Ende einer Einheit, einfach weil wir am Anfang meist erst mal viel nebeneinander laufen möchten und uns das ruhige, meditierende Bewegen auf den Pads zum Abschluss besser gefällt.

Ich habe euch dazu ein Video bei YouTube hochgeladen, um euch einen kleinen Einblick zu schenken, wie solch ein “Flow” aussehen kann:

Solch eine Balance hatte sie zu Beginn der Arbeit selbstverständlich nicht. Ich habe noch ein paar Videos aus der Anfangszeit für euch gefunden, um den Prozess der Entwicklung besser verdeutlichen zu können.

So sahen die ersten Versuche auf allen vier Pads gleichzeitig aus:

 

Faible habe ich die Pads übrigens mithilfe des Clickertrainings erklärt. Angefangen haben wir mit einem einzelnen Vorderhuf, wobei ich aus Pad-Schutz-Gründen darauf verzichtet habe, dass Faible sich selbst auf die Pads stellt. Sie wurde ziemlich schnell nämlich sehr enthusiastisch und schon bald flogen die Pads ein paar Meter weit durch die Halle. 😉

Anmerkung: Zur Haltbarkeit kann ich berichten, dass wir ein paar kleinere Risse in den Pads haben, vermutlich durch Hufeisen verursacht, die aber überhaupt nicht stören. Katharina hat uns den Tipp gegeben die Pads mit Panzertape zu kleben, sollte ein Riss sich stark vergrößern. Nach knapp zwei Jahren mit den Pads, die bei uns mal öfter und mal seltener von der gesamten Stallgemeinschaft (12 Pferde, davon die Mehrheit Barhufer) genutzt werden, mussten wir bislang aber noch nichts reparieren. 

Wenn ein halbes Jahr lang nur ein Huf auf einem der Pads steht, ist das total in Ordnung und spricht trotzdem das propriozeptive Nervensystem an. Bei Faible standen erst nach ein paar Einheiten beide Vorderhufe zur gleichen Zeit auf den Pads und irgendwann die Hinterhufe jeweils einzeln und dann zusammen. Erst nach vielen Wochen blieb sie mit allen vier Hufen gleichzeitig auf den Balance Pads stehen.

Viel Lob war für uns wichtig, gepaart mit einer kleinen Gehpause nach jedem vom Pferd selbstgewählten Heruntertreten von den Pads.

Bis wir alle vier Hufe auf den Pads platzieren konnten, vergingen bei uns also mehrere Monate, einfach weil mir wichtig war, sie nicht zu überfordern und den Spaß an den Pads in den Vordergrund zu stellen. Bei unseren Pferden war der Spaß im gemeinschaftlichen Wackeln so groß, dass sie die Pads manchmal vor den anderen Pferden für sich beanspruchen wollten – für uns ein gutes Zeichen, wie gerne sie mit ihnen arbeiten.

Foto: Privat

Wenn es DEN Leitsatz für das propriozeptives Training mit den Pads gibt, dann ist er für mich:
Weniger ist mehr.

Anfangs waren es wirklich nur Sekunden oder mal eine halbe Minute, die Faible auf den Pads stand – über mehrere Wochen ausgebaut, irgendwann dann mal nur hinten, oder diagonal gestellt – auch da stand für uns immer das gute Gefühl und die Freude an dieser Art der Bewegung und des Körpertrainings im Vordergrund.

Wenn ich zu viel wollte, war das kontraproduktiv und Faible fühlte sich nicht mehr wohl. Nach wie vor nutzen wir die Pads lieber mehrmals in der Woche für wenige Minuten, als einmal wöchentlich für eine längere Zeit. Das erhält die Motivation, stellt sicher, dass sich die Pferde nicht überanstrengen und setzt regelmäßig kleine Reize, die der Körper gut verarbeiten kann.

PSYCHISCHE ASPEKTE

Zwang erzeugt eine negative Spannung, und genau die wollen wir durch die Arbeit mit den Pads ja eigentlich abbauen.
Und damit kommen wir zu einem weiteren, wichtigen Punkt des propriozeptiven Trainings mit den Pads:

Es unterstützt das Vertrauen des Pferdes.
Und zwar in sich selbst und die eigenen körperlichen Stärken, als auch in den Menschen. Es ist für ein Fluchttier nämlich zunächst gar nicht leicht für den Menschen zunächst seine Balance zu “verlieren”, sich zu überwinden auf den Pads stehen zu bleiben und dort mutig die Balance wieder zu finden.

Selbstvertrauen in die eigenen körperlichen Fähigkeiten fördert nämlich ganz nebenbei auch die psychische Belastbarkeit und baut Stress ab.

Die Erkenntnis “Ich kann das!” ist ein bereicherndes und stärkendes Gefühl für das Pferd, welches sich zu gerne schon nach wenigen, motivierenden Einheiten mit den Pads selbst belohnt (positive Verstärkung).

Foto: Privat


“Yoga für Pferde” 
haben wir es genannt, denn neben den körperlichen Aspekten scheinen unsere Tiere auch mental von den Pads zu profitieren. Wenn Faible ruhig vor sich hin “wackelt”, dann ist das auch für mich ein Moment zum Durchatmen und Achtsamkeit genießen.

Für uns gibt es mittlerweile keinen festen Plan mehr, wann wir die Pads nutzen. Vielmehr sind sie eine der vielen Optionen gemeinsam die Zeit zu genießen und zu nutzen, und in den meisten Fällen, in denen ich die Pads hervorhole, möchte Faible auch gerne ein wenig Pferdeyoga genießen und kommt selbst auf die Pads zu.

Gerade an scheinbar unproduktiven Tagen, an denen die Energie eher niedrig ist, bauen wir die Balance Pads in unsere gemeinsame Zeit ein und tun neben dem schönen Gefühl auch nebenbei etwas für den Körper.

Mich hat das propriozeptive Training vor allem darin geschult den Pferden zuzutrauen, dass sie genau wissen, was in welchem Maße gut für sie ist. Selbstbestimmt ausprobieren, in den Körper hineinhorchen, in kleinen Einheiten mit einem schönen Körpergefühl enden – genau das empfinde ich als ausgesprochen wertvoll.

 

Foto: Privat


Habt ihr schon Erfahrungen mit den Balance Pads gemacht
oder denkt darüber nach sie in euer Training mit den Pferden einzubauen? Dann schreibt mir gerne in den Kommentaren, ich freue mich auf euer Feedback! Übrigens: Auch uns Menschen tut propriozeptives Training unglaublich gut. Zum Beispiel indem ihr euch auf einem Bein die Zähne putzt und die Zahnbürste einfach mal in die andere Hand nehmt. 🙂

Vielen herzlichen Dank an meine Kollegin und Freundin Katharina Putty, die mir für diesen Beitrag mit Fachwissen und Erfahrungsschatz zur Seite stand. Außerdem möchte ich meinen Stallfreundinnen für die Zurverfügungstellung der Bilder danken.

Katharinas Arbeit als Tierphysiotherapeutin könnt ihr auf Facebook verfolgen, oder sie auf ihrer Homepage besuchen.

 

12 Antworten zu “Pferdeyoga mit den Balance Pads.

  • Sehr interessant diese Balance Pads, hab jetzt schon öfters davon gehört, scheint ja echt sehr vielseitig einsetzbar zu sein.

    • Auf jeden Fall! Wir sind ganz begeistert, wie du aus dem Beitrag sicherlich entnehmen konntest! 🙂

  • Danke für diesen wertvollen Anstoß!
    Wir haben seit kurzem die Pads und deine Worte haben unsere bisherigen Erfahrungen nochmal bestätigt. Wir sind gemeinsam auf sehr ähnliche Erkenntnisse gestoßen wie ihr. So schön wie eine so simple Sache unser Zusammensein bereichert! 😊☀️

  • Ich habe den Tip von meiner Pferdephysio. Mein Isiwallach hatte viele Blockaden und sucht noch nach seiner Balance (bzw. wir suchen). Heute sind 2 grüne Pads angekommen, der Tip war, erstmal nur 2 zu kaufen und mit denen zu probieren (vorne, dann irgendwann hinten und diagonal). Dein Text hilft mir, geduldig zu bleiben und viele Monate für diese Übungen zu lassen.
    Ich überlege nur noch, ob ich was drum wickeln soll oder ein Handtuch etc. rüber lege – mein Junge hat Eisen mit Stiften und ich möchte nicht gleich kaputte Pads haben.

    • Geduld ist wirklich wichtig! 🙂 Bei uns sind nur wenige “pferdige Nutzer” beschlagen und alle ohne Stifte, deshalb kann ich da leider keinen Tipp geben. Wir nutzen die Pads falsch herum, also mit der flachen Seite nach oben und wir haben auch ein paar Risse zu vermerken, die aber auch nach der mittlerweile über 1,5 jährigen Nutzung überhaupt nicht in der Praxis stören.

  • man sollte jedoch nicht mit Lob und Klicker etc. arbeiten, sondern den Pferden selbst überlassen wie sie es mögen wollen.

    • Hallo liebe Nicole,
      ich denke es kommt ganz auf das Pferd (und auch den Menschen) an, wie man die Pads zu Anfang erklärt. Unseren Weg habe ich hier beschrieben, aber ich gehe ja auch darauf ein, dass man achtsam sein sollte, wann man sein Pferd damit überrumpelt oder zu viel verlangt. Bei uns hat sich das mit dem Clicker genau richtig angefühlt und nachdem alle vier Hufe drauf stehen bekommt Faible meist kurz Click und Lob. Danach taucht sie ein in ihren “Flow” und beendet ihn, wenn es sich für sie wieder richtig anfühlt. Ich stelle mich dann meist etwas entfernt hinter sie und lass sie in Ruhe machen.. ein tolles Gefühl für uns beide. Wie eine kleine Meditation. 🙂

  • Hallo,

    Ich hab mir nun so ein Balancepad gekauft (allerdings erstmal nur eines)… bringt denn ein einzelnes auch schon was oder braucht man mindestens 2, um eine Wirkung zu erzielen?

    Viele Grüße
    Larissa

  • Hallo 🙂

    Gibt es Tipps, welche Balance-Pads man genau nehmen kann? Reicht da wirklich das handelsübliche Pad für uns Menschen aus?

    Vielen Dank vorab!

    LG

    • Hallo Rebecca,

      unsere sind tatsächlich aus einem Physiotherapeuten-Onlineshop für Menschen. Natürlich muss man ggf. bei Hufeisen schauen, ob sie die Oberfläche beschädigen, aber auch mit Rissen über die Jahre (wir nutzen die Pads mit der gesamten Stallgemeinschaft, 10 Pferde), tun sie immer noch ihren Dienst. Wir drehen sie meist allerdings um, sodass die runde Seite auf dem Boden liegt und die ganz flache Seite zum Stehen genutzt wird.

      Viel Spaß beim Ausprobieren und “frohes Wackeln”! 🙂

  • Hallo,

    ich habe meinen jetzt 21jährigen Trakehnerwallach inzwischen 17 Jahre lang. Die Kurzfassung: von Anbeginn an habe ich mit ihm Balanceprobleme gehabt, die sich natürlich auf die gesamte Ausbildung hin auswirkten. Ich habe mehrmals Trainer, Reitweisen und Sättel gewechselt, ihn in Kliniken untersuchen lassen (auch Befunde gehabt..).. . Das Hauptproblem war offensichtlich, daß er aus bis dato unbekannten Gründen einfach nicht den Rücken aufwölben bzw. das Becken abkippen konnte, weswegen ich viel Bodenarbeit gemacht habe und ihn maximal 3 x die Woche geritten habe, um seinen (zu) schwachen Rücken zu schonen. Im April 2021 habe ich mit den Balancepads angefangen – ein weiteres Puzzleteil meiner zahlreichen Bemühungen. Wieder die Kurzfassung: heute (Juli 21 !!!) ist er in der Lage, balanciert, nicht eilend, sich in Rücken und Hals tragend zu bewegen. Eigentlich kann ich es nicht fassen, diesen unglaublichen Erfolg in so kurzer Zeit erleben zu dürfen. Ich hatte die Einführung genauso gemacht, wie hier empfohlen und von Anfang an das Gefühl, daß er diese Form der Arbeit wirklich genießt. Die Antwort auf meine vielen in den 17 Jahren aufgelaufenen Fragen lautet daher: neuromuskuläres Training. Die Ursachen für seine Defizite werde ich nie herausfinden, evtl. sogar schon vorgeburtlich, aber jetzt endlich eine Antwort gefunden zu haben, gibt mir das Gefühl, reiterlich und “pferdig” irgendwie angekommen zu sein.

    • Liebe Gaby,

      ich danke dir für diesen tollen Erfahrungsbericht! Ich empfinde es wie du – alle Pferde können enorm von dieser Arbeit profitieren. Mit Faible habe ich eine unbewusste Pause eingelegt und vor Kurzem mal wieder die Pads rausgeholt. Sie liebt es, ihren Körper darauf zu spüren, ihn “leise” zu bewegen und die innere Mitte zu stärken. Bin auch nach all den Jahren begeistert, genau wie du.

      Alles Liebe dir und deinem Pferd!

      Miri

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