Momente der Leichtigkeit mit Toby und Hannah.
“Versuche heute mal nur zu bestärken, was dir ein wohliges Gefühl bereitet. Achte nicht darauf was ihr tut, sondern ob es sich gut anfühlt.” So beginne ich die kleine Einheit im Sonnenuntergang, als ich mit Toby und Hannah auf die Wiese laufe.
Kopf ausschalten, Herz sprechen lassen – das ist mein Wunsch für uns an diesem Abend. Ohne uns lange darüber nachdenken zu lassen, was wir da gerade beginnen, schütteln wir unsere Fragezeichen ab und fühlen uns in unsere Körper ein.
Weil ich Hannah zusammen mit Toby zuvor als sehr nachdenklich und tiefgründig erlebt habe, bin ich sehr neugierig. Ob es uns gelingen wird auf diese Weise ein wenig mehr Leichtigkeit zu uns einzuladen? Dass es uns Toby so leicht machen würde, damit rechne ich nicht.
Nach gefühlten Sekunden schien Toby zu bemerken, dass etwas anders ist. Zupfte er im ersten Moment noch interessiert am Gras, nahm er Hannah plötzlich an die Hand und zog sie freudig mit ihm über die Wiese. Ich weiß, dass das recht wild umschrieben klingt, aber nicht anders hat es sich für mich angefühlt.
Leichtigkeit im Abendlicht
Für einen kurzen Moment schaue ich in Hannahs ungläubiges Gesicht, als ich sie ermuntere die Verantwortung für die Einheit an Toby zu übertragen und den Fokus auf schöne Gefühle zu legen. Die kleine Denkpause nutzt das Pony, um ein paar große Büschel Gras zu rupfen. Als Hannah bereit ist, schenkt es ihr seine volle Aufmerksamkeit. Hannah beginnt dem Moment zu vertrauen und lässt los.
“Still jetzt!”, sagt das Herz zum Kopf. “Vertraue mir und lass mich mal machen…”
Ein gutes Gefühl zu bestärken widerspricht der Lerntheorie, weil es so absurd romantisch klingt. Gerade wenn uns Wörter wie Signalkontrolle und Konditionierung durch den Kopf schwirren, fällt es schwer dem Bauchgefühl ein echtes Mitspracherecht einzuräumen.
Toby zeigt uns beiden eindrücklich, dass es sich lohnt den Kopf frei zu machen und den Drang, alles logisch nachvollziehen zu können, einmal hinten anzustellen.
Wir lehnen uns regelrecht übertrieben in dieses Bauchgefühl und das Pony reagiert mit enthusiastischem Trab über die Wiese. Weil wir ihm keine direkte Frage stellen, baut er seine Idee des frischen Vorwärts immer weiter aus und zieht uns eifrig durch die goldene Abendsonne.
Weil ich mich (typisch) laut und herzlich über dieses Bild freue, zieht sich Hannah für einen kurzen Augenblick wieder in ihren Kopf zurück.
Ist Freude nur authentisch, wenn sie auch für andere spürbar ist?
Toby nimmt den Moment zum Anlass sich noch mal dem Gras zuzuwenden und wartet geduldig ab, bis wir uns wieder wohl in unseren Körpern fühlen.
Dann lädt er uns erneut ein mit ihm zu kommen und wir spüren erneut den magischen Flow, der uns eine ungeahnte Leichtigkeit beschert. Während Toby erleichtert ist, dass wir wieder Raum für seine Ideen geschaffen haben, bin ich selbst erleichtert darüber, dass uns der Exkurs in die Grübelei nicht geschadet hat. Das Pony flitzt mit Leichtigkeit über die Wiese in sein Paddock. Dort fordert er uns auf, uns mit diesem besonderen Erlebnis zu beschäftigen und zu reflektieren.
“Ich habe das Gefühl dass seit dem ein Knoten geplatzt ist. Im Nachhinein habe ich mich noch oft dabei ertappt, dass ich während der Einheit ganz baff war, dass es so geklappt hat. Auf den Fotos gucke ich manchmal ganz ungläubig!”, schreibt mir Hannah ein paar Tage später.
Oft balancieren wir Kopf und Herz wild umher, wenn wir mit unseren Pferden Zeit verbringen. Zwischen müssen, sollen und wollen liegen manchmal Welten.
Nicht selten fühlen wir uns schlecht, weil wir das Gefühl haben entweder dem Körper oder dem Geist unserer Pferde oder uns selbst nicht ausreichend Zeit gewidmet zu haben. Trotzdem bin ich mir sicher, dass wir uns ganz bewusst auch mal weit in eine Richtung lehnen dürfen, um überhaupt spüren zu können, was wir ausbalancieren wollen.
Auch wenn uns das Streben nach einer natürlichen Balance von Körper und Geist am Leben hält, so bin ich doch inzwischen sicher, dass man sich auch mal in eine Richtung lehnen darf. Wenn das Erlebnis in den Vordergrund rückt und wir das Ergebnis hinten anstellen, kommen wir manchmal viel schneller voran, als geahnt.
An Toby und Hannah habe ich erneut spüren dürfen, dass unser großes Ganzes davon profitiert, wenn wir das Bild der inneren Balance auch mal bewusst ausblenden.
Wir müssen erfahren, wie sich geistige Leichtigkeit anfühlt, damit unser Kopf gerade auch in der körperlichen Arbeit weiß, wann er das Herz zur Hilfe rufen darf.
Vielen Dank Hannah, für deine Offenheit und deine tiefgründigen Gedanken.
Danke auch an Kati für dein Vertrauen und die Möglichkeit mit deinen Pferden arbeiten zu dürfen.
Natürlich auch ein Dank an Alessa Neuner für die tollen Bilder.
Zuletzt möchte ich mich bei Toby bedanken. Du bist ein ziemlich groß(artig)es Pferd mit einer Weisheit, von der sich viele eine Scheibe abschneiden können. 🙂