Zweck-WG Reitstall?
Wenn wir ehrlich sind, dann wollen wir doch alle nur das Eine. Wir möchten für unser Pferd ein schönes Zuhause, in dem es sich wohl fühlt, und es gut versorgt wird. Ebenso suchen wir für uns einen Ort, an dem wir unserer großen Leidenschaft nachgehen können.
Einen Ort der Entspannung, einen Ort an dem wir lernen und wachsen können. Trotzdem scheint die “Freizeitoase” ein ewiger Wunschtraum zu sein. Vielleicht habe ich auch einfach aktuell eine rosarote Brille auf, weil ich hier in Ruhe und Frieden mit Tier und Mensch auskomme, und wir uns alle so akzeptieren, wie wir sind. Muss denn ein Reitstall tatsächlich eine Zweck-Wohngemeinschaft sein? Wie können wir uns das Leben miteinander ein wenig leichter machen?
Vielleicht bin ich kein Realist und träume zu viel. Aber wäre es nicht schön, wenn wir in Frieden nebeneinander leben könnten? Wenn wir den nötigen Respekt und Achtung voreinander hätten? |
Leben – und leben lassen.
Die Verantwortlichen im Stall müssen ihrer Pflicht nachkommen, jedes Pferd im Auge zu haben, und zu bemerken, wenn etwas nicht stimmt. Dafür werden sie von uns Einstellern bezahlt, und sie haben sich für diesen Beruf entschieden. Trotzdem bricht niemandem ein Zacken aus der Krone, wenn man bemerkt, dass etwas getan werden muss, oder man auch selbst zwischendurch zum Besen greift, die Pferde mit reinholt, oder die schwere Tränke mit versetzt. Im Gegenzug sollte man tolerant genug sein, zu respektieren, wenn jemand wenig Zeit hat, und sich einzig und allein auf sein Pferd konzentrieren möchte. Ein Auge auf das Nachbarpferd zu werfen, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist, die Zeit kann sich wirklich jeder nehmen.
Miteinander statt übereinander reden.
Auf dem Reitplatz und der Halle herrscht in manchen Ställen regelrecht Krieg. Ein paar Hühner sitzen immer am Rand, lassen kein gutes Haar an demjenigen, der sich zurecht nicht auf sein Pferd konzentrieren kann, weil er genau weiß, wie gerade über ihn geurteilt wird. Wieso tun wir uns das an? Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die perfekten Momente immer dann geschehen, wenn ich für mich bin, und nur Augen für mein Pferd habe. Nur wenige Reiter können sich frei davon sprechen, dass ihn die Bandenhetzerei kalt lässt. Wenn wir offensichtlich sehen, dass es Probleme gibt, hilft doch nur eines: Hilfe anbieten. Natürlich weiß es jeder Außenstehende besser, und würde ohnehin ganz anders mit dem Pferd arbeiten. Wenn jemand tatsächlich eine passende Lösung parat hat, sollte er lieber dem Reiter in der Bahn davon berichten, anstatt den Lästerschwestern. Der Ton macht die Musik, deshalb kann man Tipps auch so verpacken, dass sie motivieren, statt demütigen. 😉
Wenn man genau hinsieht, ist gar nicht alles so Sch… und man kann drüber lachen. Wir Reiter sind ein ganz schön spezielles Volk! |
Es wird immer Reiter geben, die man nicht verstehen kann. Es wird auch immer Reiter geben, die man nicht gut riechen kann. Aber ich spreche aus Erfahrung: Es gibt nichts schlimmeres, als mit einem Knoten im Bauch zu seinem Pferd fahren zu müssen. Vielleicht sollten wir uns lieber auf die schönen Dinge im Leben konzentrieren, anstatt uns das Leben gegenseitig schwer zu machen.
Vielleicht sollten wir uns auf das konzentrieren, was unser Leben bereichert. Wer sich immer auf das konzentriert, was schlecht läuft, der wird es schwer haben, sich über gute Dinge zu freuen. Weniger Neid und Missgunst, mehr Lob und Anerkennung! Uns vereint doch schließlich die Liebe zum Pferd.
PS: Nein, ich selbst habe genau wie alle anderen ebenfalls ein Problem damit, über Seitenhiebe und Tiefpunkte einfach hinwegzusehen. Ich habe ebenfalls schlechte Tage, bin mal motzig oder oft gestresst. Ich schreibe diese Zeilen auch, um mich selbst an mein Wunschbild zu erinnern, wenn ich mich aufrege und ungnädig bin, egal ob zu anderen, oder meinem Pferd, oder mir selbst.